UNIVERSITÄT HAMBURG
FACHBEREICH WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFTEN
Sozialökonomisches Seminar
(Prof. Dr. V. Timmermann)


Die Rentenreform in Kolumbien von 1994

angefertigt für ein
Seminar zur Entwicklungstheorie "Alterssicherungssysteme"
Wintersemester 1997/98

von
Ingolf Meyer-Larsen
Ahrensburg, den 29. September 1997


Inhalt

1 Einleitung

2 Ziel der Reform
2.1 Das alte System
2.2 Die Probleme des alten Systems

3 Erfolg der Reform
3.1 Das neue System
3.2 Verwaltungseffizienz
3.3 Deckungsgrad und Gerechtigkeit
3.4 Sicherheit und Höhe der Renten

4 Kosten und Nutzen der Reform
4.1 Belastung des Staatshaushalts
4.2 Wachstumseffekte
4.3 Transfers zwischen den Generationen

5 Fazit

Anhang
I. Rentenhöhe in Prozent des individuellen Durchschnittseinkommen bei den AFPs
II. Institutionen im alten und neuen Rentensystem
III. Modellannahmen und Ergebnisse der Weltbank-Studie
IV. Literaturverzeichnis


[Up] 1 Einleitung

Kolumbiens Rentenreform von 1994 liegt im Trend der lateinamerikanischen Entwicklung. Ebenso wie Kolumbien haben vier andere Staaten ihr Rentensystem grundlegenden Änderungen unterzogen, einige weitere Staaten diskutieren die Möglichkeit.1 Die Probleme des Rentensystems in Kolumbien sind sogleich typisch für die Region.2

Die vorliegende Arbeit soll den Erfolg und Sinn der Reform von 1994 beurteilen. Diese wurde eingeleitet, um die zahlreichen Probleme des alten Systems zu beheben. Ein kurzer Blick auf das Vor-Reform-System soll eben diese Probleme identifizieren und erlaubt im Folgeabschnitt eine Beurteilung, ob die Reform ihrem Ziel, diese zu beheben, gerecht wird. Dies soll abschließend ermöglichen, die Reform anhand ihrer Kosten und Nutzen zu beurteilen.

[Up] 2 Ziel der Reform

[Up] 2.1 Das alte System

Das kolumbianische Rentenversicherungssystem war vor der Reform sehr heterogen. Für Beschäftigte der Privatwirtschaft war eine Mitgliedschaft im Instituto Seguro Social (ISS) vorgeschrieben, Angestellte der öffentlichen Hand waren in über 1000 Vorsorgekassen versichert, die größte davon CAJANAL (Caja Nacional de Prevsión).3 Für Selbständige bestand keine Versicherungspflicht, sie konnten sich aber freiwillig im ISS oder privat versichern.

Ursprünglich war vorgesehen, daß das Rentensystem nach einem Abschnittsdeckungsverfahren arbeitet, wegen abnehmender Reserven entwickelte es sich aber quasi zu einem reinen Umlageverfahren. Die Reserven des ISS betrugen 1993 noch ca. 670 Mio. US$4, während die meisten anderen Kassen ganz ohne Rücklagen waren.

So wie es eine Unzahl von verschiedenen Rentenkassen gab, variierten auch die Versicherungsbedingungen enorm. Der Beitragssatz für die Privatwirtschaft betrug 8%, wovon 2/3 vom Arbeitgeber getragen wurde. Die Renten für staatliche Angestellte wurden nicht aus Beiträgen, sondern aus dem öffentlichem Haushalt bezahlt. Das Renteneintrittsalter lag minimal bei 45 Jahren, aber maximal bei 65 Jahren, wobei öffentliche Angestellte mit durchschnittlich 50/55 Jahren (Frauen/Männer) 5 Jahre früher in Rente gingen, als ihre Kollegen im privaten Sektor. Der Sockelbetrag für die Ersatzrate lag im ISS zwischen 45% und 90% bei einer Mindestbeitragszeit von lediglich 10 Jahren. Bei der CAJANAL betrug er 75%. Einige regionale Kassen boten wiederum ganz andere Konditionen, hier kam es z.T. sogar zu Ersatzraten von über 100%.5

[Up] 2.2 Die Probleme des alten Systems

Schon aus der nüchternen Beschreibung des Systems werden eine Vielzahl von Problemen ersichtlich. Unübersehbar ist die Ungleichbehandlung der Versicherten je nach zuständiger Kasse, aber noch schwerer wog die unsoziale Ausprägung des Systems.

Ein Grund dafür war der unzureichende Deckungsgrad. 1993 waren nur 29,8% der arbeitenden Bevölkerung rentenversichert.6 Entsprechend erhielten nur ca. 15% der Personen über 60 Jahren eine Rente.7 Wobei die Versicherten i.d.R. aus mittleren und höheren Einkommensgruppen stammten, während die unteren sozialen Schichten, zumeist ohne formale Anstellung, vom System ausgeschlossen waren. Zieht man dabei in Erwägung, daß das Rentensystem, wie im nächsten Abschnitt ausgeführt, auf Zahlungen aus dem allgemeinen Steuertopf, der von allen, also auch den Ärmeren, finanziert wird, angewiesen war, erweist sich das System als höchst regressiv.8

Entscheidend für den Reformwillen waren aber nicht zuletzt finanzielle Erwägungen. Allem voran hatte Kolumbiens Rentensystem mit einer ineffizienten Verwaltung zu kämpfen. Die Verwaltungskosten erreichten 1986 einen Rekordanteil von 42% an den Gesamtausgaben.9 Weitere Kosten entstanden durch eine unzureichende Datenerfassung, die eine vernünftige Rentenberechnung verhinderte und Mißbrauch des Systems die Tür öffnete. Auch aufgrund der unzureichenden Datenlage basierte die Rentenhöhe lediglich auf dem Durchschnittseinkommen der letzten zwei Jahre, so daß oftmals in den vorangegangenen Jahren zu niedrige Einkünfte deklariert wurden und in den letzten zwei zu hohe, wodurch der Rentenanspruch über die Maße stieg. Die Überprüfung der Richtigkeit von Beitragszahlungen war aber organisatorisch kaum zu bewältigen. Dem entsprechend lag in den Achtziger Jahren der Anstieg der Renten jährlich nominal bei 42%, während die Einkommen nur um 31% stiegen.10

Aufgrund von kurzen Beitragszeiten gepaart mit niedrigen Beiträgen und z.T. großzügigen Rentenzahlungen11 war das Rentensystem Kolumbiens bereits jetzt in einer finanziell prekären Lage. Diese sollte sich verschlimmern, wenn die noch junge Bevölkerung altert. Es wird damit gerechnet, daß die Anzahl der über 60-jährigen sich bis 2050 verdreifacht.12 Dementsprechend wurde für 1993 geschätzt, daß der Barwert aller aktuellen und zukünftigen Rentenverpflichtungen die Hälfte des kolumbianischen Bruttoinlandproduktes betrage.13

Um eine Alterssicherung in Zukunft zu sichern, war daher eine Reform unumgänglich, eine Einsicht, die letztendlich die verschiedenen politischen Akteure zu einem Kompromiß kommen ließ. Entsprechend den hier aufgeführten Problemfeldern nannte Präsident Gaviria 1992 in einer Erklärung als Ziele der Reform die Universalität der Versicherung, die Behebung des ineffizientem Service und des Defizits der Rentenkassen sowie eine gerechtere Ausgestaltung des Systems.14 Daher soll auch in dieser Arbeit die Behebung obiger Probleme als Maß für den Erfolg der Reform genommen werden.

[Up] 3 Erfolg der Reform

[Up] 3.1 Das neue System

Durch die Rentenreform wurde ein neues zusätzliches Rentenmodell geschaffen. Dieses erlaubt den Versicherten, in Rentenfonds (Administradores de Fondos Pensionales oder AFPs) einzuzahlen, die entweder im Sinne eines reinen Kapitalfonds arbeiten oder nach dem Modell einer Versicherung. Im ersten Fall können die Rentner überschüssige Mittel vererben, laufen aber auch in Gefahr, daß sie, wenn sie länger leben als ihre gemachten Einlagen Mittel bereitstellen, in den letzten Jahren ohne Rentenzahlung sind. Im zweiten Fall zahlt die Versicherung in jedem Fall bis zum Tode, dafür fallen aber überschüssige Mittel an die Versicherung. Diese neuen Institutionen können von staatlicher oder privater Seite betrieben werden. Bis Anfang 1997 wurden neun solcher Gesellschaften von privater Seite gegründet.15 Daneben verbleibt weiterhin das ISS als staatlich gemanagte Rentenkasse, die nach dem Umlageverfahren (UV) arbeitet. Die kolumbianische Bankenaufsicht (Superintendencia Bancaria) übernimmt die Aufsicht sowohl über die privaten Anbieter als auch über das ISS.

Arbeitnehmer können nach Mitgliedschaft von jeweils mindestens drei Jahren in einer Kasse frei zwischen diesen wechseln. Die unzähligen anderen Rentenkassen nehmen keine neuen Mitglieder mehr auf und werden geschlossen, sobald das letzte Mitglied verstorben ist. Kassen, die bereits bei Einführung der Reform insolvent waren, wurden sofort geschlossen und deren Mitglieder mußten zum ISS oder einem der neuen Fonds wechseln.

Der Staat erkennt alle bisher erlangten Rentenansprüche an und garantiert deren Bezahlung aus dem Haushalt, sofern die einzelnen Kassen dazu nicht in der Lage sind. Dafür werden sogenannte Anerkennungstitel (bonos de reconocimiento pensionales) ausgestellt.

Neben der Neugliederung des Rentensystems wurden ebenfalls die Versicherungskonditionen geändert. Dazu zählt die Anhebung des Beitragssatzes bei gleichzeitiger Verringerung der durchschnittlichen Ersatzrate. (Dazu später mehr.) Darüber hinaus wurde eine ein-prozentige Zusatzabgabe für Besserverdienende eingeführt, von der Zuschüsse gewehrt werden für Rentenversicherte, die aus eigener Kraft nicht die vollen Beiträge entrichten können. Als weiteres soziales Element garantiert der Staat eine Mindestrente für alle Versicherten, die trotz Erfüllung der Mindestbeitragszeiten keinen Rentenanspruch in Höhe von mindestens einem Mindestlohn erwerben konnten.

[Up] 3.2 Verwaltungseffizienz

Gleichzeitig mit der Rentenreform wurde auch das Verwaltungswesen reformiert. Dieses brachte neben der Vereinfachung von Verfahrensprozeduren auch die Einführung einer zentralen computergestützten Verwaltung. Erst dadurch wurde eine genaue Aufstellung geleisteter Beitragswochen für die Versicherten möglich. Ebenfalls konnte die Verwaltungsreform die Wartezeiten nach Antragstellung auf eine Rente deutlich verkürzen.16 Weitere Einsparungen wurden durch die Defragmentierung des über eintausend Rentenkassen umfassenden Systems erreicht.

Darüber hinaus wurde erhofft, daß durch die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Rentenkassen zu wählen und den Wettbewerb von privater Seite, die Verwaltungen aller Kassen zu mehr Effizienz bewegt werden. Endgültig läßt sich dies noch nicht beurteilen. Allerdings ist der Wettbewerb unter den privaten Anbietern beschränkt,17 und im Wettbewerb zwischen dem ISS und den AFPs spielen die unterschiedlichen Ein- und Auszahlungsmodalitäten vermutlich eine größere Rolle.18 Ein Anzeichen für schlechtes Management ist auch die z.T. schlechte Realverzinsung der Fonds. So erreichten diese für 1995 nur eine Verzinsung real von -3%.19 Darüber hinaus fallen nun hohe Kosten für Werbemaßnahmen an, wobei gleichzeitig die objektive Informiertheit der Bevölkerung als niedrig einzuschätzen ist. So sind viele Schlechtverdienende in den AFPs versichert, obwohl das System des ISS für sie prinzipiell vorteilhafter wäre.20 Weiterer Zweifel an dem Kalkül, private Fondgesellschaften würden die allgemeinen Verwaltungskosten senken helfen, läßt die Erfahrung Chiles zu. So verbucht Chile, daß auf ein rein privat gemanagtes Rentensystem setzt, die höchsten Verwaltungskosten von allen lateinamerikanischen Staaten.21

[Up] 3.3 Deckungsgrad und Gerechtigkeit

Weitere erklärte Ziele der Rentenreform waren die Erhöhung des Deckungsbeitrags und die Herstellung größerer Gerechtigkeit zwischen den Versicherten sowie eine allgemein sozialere Ausgestaltung des Systems.

Die größten Fortschritte wurden hinsichtlich der Gerechtigkeit unter den Versicherten gemacht. Einerseits besteht nun mehr ein enger Zusammenhang zwischen Beitragszahlung und Rentenanspruch. Im ISS wurde dies erreicht, indem nun die letzten zehn anstatt nur zwei Beitragsjahre zur Berechnung der Rentenhöhe herangezogen werden. Im privaten System ist der Zusammenhang noch enger. Hier ergibt sich die Rente (vom Solidarzuschlag abgesehen) direkt aus den akkumulierten Beiträgen und den aufgelaufenen Zinsen.

Andererseits wurde mit der Abschaffung der unzähligen Rentenkassen für einheitlichere Bedingungen für die Versicherten gesorgt. Es bleiben allerdings immer noch einige Ungereimtheiten. Während die unterschiedlichen Finanzierungssysteme nicht unbedingt als Ungerechtigkeit anzusehen sind, weil sie den Versicherten erlauben, hinsichtlich ihrer Risikopräferenzen zwischen zwei Systemen zu wählen, ist es nicht zu erklären, warum Versicherte der AFPs 150 Wochen länger einzahlen müssen als die Mitglieder des ISS, um sich für einen Mindestrentenanspruch zu qualifizieren. Und dem erklärten Ziel völlig widersprechend ist die Aufrechterhaltung der Sonderbehandlungen von Lehrern, Ecopetrol-Arbeitern, Militär und Polizei, die weiterhin die großzügigen Vor-Reform-Modalitäten genießen.

Der engere Zusammenhang zwischen Beitragszahlung und Rentenanspruch sollte nach Vorstellung der Reformer auch zur Erhöhung des Deckungsgrades beitragen. Die Rentenversicherung verliere durch die Reform ihren Steuercharakter zu Gunsten dessen einer Investition. Dies würde einerseits Anreiz schaffen, vom informellen zum formellen Sektor zu wechseln und andererseits die Tendenz zur Beitragshinterziehung mindern. Nimmt man die Beitragszahlungsmoral als Indiz, scheint dieses Kalkül nicht aufzugehen. Nach wie vor bezahlen lediglich die Hälfte der Versicherten regelmäßig ihre Beiträge.22

Insgesamt muß auch festgestellt werden, daß die ursächlichen Gründe für den niedrigen Deckungsgrad weiterhin bestehen. Ein System, daß auf die Versicherung der Lohnabhängigen abzielt, kann in Kolumbien nur einen geringen Teil der Bevölkerung erreichen. 50% der Bevölkerung sind im informellen Sektor beschäftigt und somit nicht in das System mit einbezogen. Für Selbständige ist die Versicherung nicht vorgeschrieben, und aufgrund der geringen Einkommen der meisten Selbständigen und Kleinstbetriebe ist eine freiwillige Versicherung unwahrscheinlich. Hinzu kommt, daß 40% der Kolumbianer in Armut leben und daher nicht die Mittel haben, um sich zu versichern. Zwar wurde der Solidaritätsfond (Fondo Nacional de Solidaridad Pensional bzw. FNSP) gegründet, um auch Schlechterverdienenden Zugang zum Alterssicherungssystem zu verschaffen, die Sonderabgabe von einem Prozent auf die Beiträge Besserverdienender plus dem gleichen vom Staat beigetragenen Betrag, die den Fond finanzieren, sind aber bei weitem nicht ausreichend, um einen so großen Anteil der Bevölkerung abzusichern. So konnten 1995 lediglich 500.000 Personen Zuschüsse aus dem Fond gewährt werden.23

Auch die staatlich subventionierte Mindestrente wird den Deckungsgrad nur geringfügig verbessern. Die Mindestbeitragszeiten von 1000 Wochen im ISS bzw. 1150 in den AFPs sind bei den kolumbianischen Arbeitsmarktverhältnissen eine hohe Hürde.24 Der kolumbianische Arbeitnehmer ist typischerweise nur unregelmäßig beschäftigt und hat es daher schwer auf die Mindestbeitragszeiten zu kommen. Die sozialen Fortschritte, sowie das Bemühen um einen höheren Deckungsgrad sind daher als schwach einzuschätzen.

[Up] 3.4 Sicherheit und Höhe der Renten

Entscheidend für die Reform war der Wille, die Funktionsfähigkeit des Systems zu sichern, d.h. das System soll in der Lage sein, langfristig aus den Beiträgen Renten in angemessener Höhe zu zahlen. Hier gibt es zwei Problemfelder: Einerseits ist die Verzinsung der Beiträge zu betrachten, andererseits die Flexibilität mit der das System auf zu erwartende demografische Veränderungen reagiert.

Um das ISS finanziell zu sanieren, wurde die Rentenformel überarbeitet. So wurden die Beiträge von 6,5% schrittweise auf 10% erhöht.25 Gleichzeitig wurde der Sockelbetrag der Ersatzrate von 75% auf 65%26 gesenkt, welche sich maximal durch Beitragszahlungen bis zu 1400 Wochen auf 85% erhöhen kann. Die Entscheidung zur Erhöhung des Rentenalters fiel hingegen vorsichtig aus. Erst für 2014 ist eine Erhöhung um zwei auf 57/62 Jahre (Frauen/Männer) vorgesehen.27 Ein größerer Effekt ist durch die neue Beitragsbemessung zu erhoffen. Da nun das durchschnittliche Einkommen der letzten 1000 Wochen als Grundlage für die Rentenberechnung herangezogen wird, lohnt eine falsche Verdienstangabe nicht mehr, welches das Verhältnis zwischen Beitragszahlungen und Rentenauszahlungen verbessern sollte.

Trotz der Veränderungen wird nach Schätzungen der Weltbank das ISS bis 2025 ein Defizit erwirtschaften.28 Dieses wird dadurch noch erhöht, daß aufgrund von Abwanderungen zu den AFPs und aufgrund demografischer Veränderungen der Stamm von Beitragszahlern schrumpft. Daher ist zu erwarten, daß das ISS langfristig trotz dieser Reform auf finanzielle Unterstützung aus allgemeinen Steuergeldern angewiesen sein wird oder/und eine weitere Verringerung der Rentenleistung hingenommen werden muß.

Demografische Veränderungen sind in den nach dem Kapitaldeckungsverfahren (KDV) arbeitenden AFPs prinzipiell weniger ein Problem,29 ebenso können die Fonds per Definition keine Schulden anhäufen. Die kritische Frage muß hier deshalb umgekehrt lauten: Reichen die Einzahlungen aus, um den Versicherten eine angemessene Rente zu sichern? Wie sich aus der Tabelle in Anhang I ergibt, erhält ein Versicherter nach 20 vollständigen Beitragsjahren und einem für Kolumbien wahrscheinlichen Realzinssatz von 4%30 eine Rente in Höhe von nur 22% seines Durchschnittseinkommens. Damit würden die 80% der Bevölkerung Kolumbiens, deren Einkommen unter zwei Mindestlöhnen liegt, nicht das Niveau der Mindestrente erreichen.31 Der Staat müßte daher auch zu Gunsten der privat Versicherten aus allgemeinen Steuermitteln zuschießen. Insofern kann auch im neuen System nicht von einer soliden Finanzlage geredet werden.

Darüber hinaus steht der Staat auch für mangelnde Performance der privaten Fonds ein. Erzielt ein Fond nicht eine festgelegte Mindestrendite oder kollabiert er sogar, wird der Staat durch den neu eingerichteten Fondo de Garantía del Sector Financiero (FOGAFIN) helfend einspringen.32 Ein Problem für die Fonds diesbezüglich ist, daß sie gesetzlich gebunden sind, nur maximal 30% in Aktien und 10% in ausländische Papiere anzulegen. Dadurch ist eine sinnvolle Portfolioinvestition eingeschränkt. Erste Erfahrungen brachten dann auch eine negative Verzinsung für 1995, allerdings mit 6,5% ein besseres Ergebnis für 1996.

[Up] 4 Kosten und Nutzen der Reform

[Up] 4.1 Belastung des Staatshaushalts

Die Rentenreform beinhaltet zwei Komponenten, die sich gegensätzlich auf die Staatsschulden auswirken. Einerseits entlastet die Änderung der Rentenformel, wie oben beschrieben, den Staatshaushalt, andererseits entstehen erhebliche Übergangskosten, die vom Staat getragen werden müssen.

So verpflichtete sich der Staat alle bisher erlangten Rentenansprüche anzuerkennen. Für die Erfüllung der Rentenansprüche von Mitgliedern insolventer Kassen, die geschlossen werden, sind der FNPP auf nationaler und die FTPP33 auf regionaler Ebene eingeführt wurden. Rentenansprüche, von Mitgliedern solventer Kassen und Mitgliedern des ISS, die zu den privaten Anbietern wechseln, müssen von diesen Kassen getragen werden. Da diese aber auch zum öffentlichen Sektor gehören, wird dadurch indirekt ebenfalls der Staatshaushalt belastet.

Nach einer Studie der Weltbank34 hat die Änderung der Rentenformel zum Effekt, daß die kumulierten öffentlichen Verpflichtungen aus der Altersfürsorge im Zeitraum von 1994 - 2025 lediglich auf 12,4% des BIP ansteigen, im Vergleich zu 60,6% des BIP, wäre keine Reform durchgeführt worden.

Dem entgegen stehen aber die Übergangsschulden der Strukturreform. Wurden vor der Reform die heutigen Beitragszahlungen zur Bezahlung der heutigen Renten herangezogen, kann dies nicht mehr geschehen, insoweit wie nun aus den Beiträgen Reserven in den AFPs gebildet werden. Ebenfalls wird das ISS belastet, weil aufgrund von Abwanderungen zu den AFPs der Beitragszahlerstamm schrumpft und für bereits gezahlte Beitragszeiten Anerkennungstitel finanziert werden müssen. Ebenfalls stehen den Anerkennungstiteln der geschlossenen Kassen keine Einnahmen aus Beiträgen gegenüber.

Darum sei für die tatsächliche Reform im Zeitraum von 1994-2025 mit einer kumulierten Schuldenlast von 63,2% des BIP zu rechnen. Die Übergangskosten erhöhen somit die Schuldenlast um 50,4% des BIP. Nicht eingerechnet sind hier möglicherweise hohe Zahlungen zur Sicherung der Mindestrente.35

[Up] 4.2 Wachstumseffekte

Die bereits erwähnte Studie der Weltbank versuchte auch zu schätzen, welche makroökonomischen Effekte von der Reform ausgehen. Demnach sind insbesondere drei Effekte interessant: Die Veränderung der Staatsschulden durch transitorische Kosten und die Umstellung der Rentenformel, die Verbesserung der Verwaltungseffizienz und Effekte, die sich aus dem Übergang vom UV zum KDV ergeben, insbesondere eine Steigerung der Kapitalmarkteffizienz, als auch eine Ausweitung des Deckungsgrades.

Zur Abschätzung der makroökonomischen Auswirkungen der erhöhten Staatsschulden ist entscheidend, wie diese finanziert werden sollen. Dies kann entweder geschehen (a) durch Emission von Schuldtiteln oder (b) durch kontraktive Fiskalpolitik, d.h. entweder durch Erhöhung von Steuern oder durch Beschränkung der Staatsausgaben. Im Fall (a) sind die Wachstumseffekte gering. Werden die Staatstitel im Ausland plaziert, führt dies dort aber nicht im Inland zu erhöhter Ersparnis. Werden die Titel im Inland plaziert, ist davon auszugehen, daß die AFPs als Kreditgeber einspringen. In diesem Fall würden die Renten indirekt weiter aus den Beiträgen finanziert. Es entstünde ein Umlageverfahren der besonderen Art. In jedem Fall gäbe es keinen nennenswerten Effekt auf die Ersparnisbildung und somit den Kapitalstock und das Wachstum. Anders verhält sich dies hingegen im Fall (b): Eine Steuererhöhung führt bei den Haushalten, eine Staatsausgabenkürzung auf staatlicher Seite zu Konsumverzicht bzw. zu erhöhter Ersparnisbildung, woraus sich wiederum Wachstumseffekte ergeben.

Weiterhin sind von der teilweisen Umstellung von einem UV auf ein KDV, in den privaten Fonds, Wachstumseffekte zu erwarten. Die Notwendigkeit der Fonds, eingezahltes Kapital gewinnbringend anzulegen, wird zu verstärkten Aktivitäten auf dem Kapitalmarkt führen. Es ist davon auszugehen, daß dies die Effizienz des kolumbianischen Kapitalmarktes erhöht, insbesondere da dieser bislang noch unzureichend entwickelt ist. Durch somit gefallene Transaktionskosten (Bessere Information, sichere und schnellere Abwicklung) kommt es zu Produktivitätssteigerungen.

Letztlich wird erwartet, daß aufgrund des verringerten Steuercharakters der Beiträge in einem KDV36 ein größerer Anreiz besteht, vom informellen zum formellen Sektor zu wechseln. Sodann würde sich der Deckungsgrad erhöhen, damit auch der Personenkreis, der zum Sparen für die Alterssicherung gezwungen ist. Der bekannte Zusammenhang führt dann wiederum über erhöhtes Sparen zu Wachstumssteigerungen.

Unstrittig ist weiter, daß eine effizientere Verwaltung der Rentenversicherung das Wachstum nur verbessern kann.

In Zahlen ausgedrückt erwartet die Weltbank-Studie eine langfristige Zunahme des Wachstums um 3,9%, sofern der Staat die Schuldenlast durch fiskale Kontraktion zu finanzieren gedenkt..37 Dieses Ergebnis ist allerdings stark abhängig von den in der Studie gemachten Annahmen (siehe Anhang III), ebenso beinhaltet das Ergebnis nicht den Effekt, der durch mögliche Verbesserung der Kapitalmarktorganisation, sowie Veränderungen in der Verwaltungseffizienz auftreten könnte. Auch ist unklar, in welchem Maß Versicherte vom öffentlichem ins private System und zurück wechseln werden. Genauere Abschätzungen werden also erst in mehreren Jahren möglich sein, wenn solche Tendenzen absehbarer sind.

[Up] 4.3 Transfers zwischen den Generationen

Die möglichen Wachstumseffekte kommen aber nicht allen Generationen in gleichem Maße zu Gute. Vielmehr ist ein Transfer, von der heute beschäftigten Generation zu Gunsten der jetzigen Alten zu erwarten.

Für die im ISS Versicherten könnte die oben besprochene Verringerung des Verhältnis zwischen Beitragszahlern und Rentenbeziehern dazu führen, daß die heutige Generation trotz hoher Beiträge später durch eine weitere Verringerung der Rentenleistungen bestraft wird. Dem gegenüber, für das UV typisch, gewinnt die Gruppe, der jetzigen und baldigen Rentner, die noch die hohen Rentenansprüche von vor der Reform hat, aber kaum noch für höhere Beitragszahlungen herangezogen wird.

Für die in den AFPs Versicherten gibt es systemintern keine Umverteilungen. Die Rente wird direkt aus dem eingezahlten und verzinsten Kapitalstock berechnet. Ebenfalls belasten die Anerkennungstitel die AFPs nicht.

Hingegen kommt es aber für die gesamte Bevölkerung, ob versichert oder nicht, zu einer Umverteilung aufgrund der erhöhten Defizite im Rentensystem. Wie im letzten Abschnitt erläutert, führen diese zu einer erhöhten Steuerbelastung für heutige Generationen, die durch einen Konsumverzicht bezahlt werden müssen. Das daraus resultierende Wachstum kommt aber in vollem Maße erst zukünftigen Generationen zu Gute. Gewinner sind ebenfalls die heutigen Rentner, die eine ihre Einzahlungen übersteigende Rente aus allgemeinen Haushaltsmitteln gezahlt bekommen.

[Up] 5 Fazit

Dem obersten Ziel der Regierung ist Kolumbien mit der Reform näher gekommen. Es wurde eine sichtliche Verbesserung der Finanzlage des Rentensystems erwirkt. Dieser Fortschritt ist zum größten Teil auf die Modifikation der Versicherungskonditionen und Verbesserung der Verwaltung zurückzuführen. Die strukturelle Umstellung auf ein Kapitaldeckungsverfahren (KDV) hingegen läßt bislang noch wenige Vorteile erkennen. Die Kosten der Reform sind allerdings in erster Linie auf eben jene strukturelle Umstellung zurückzuführen. Insofern ist der Sinn des neuen Systems fragwürdig. Es muß allerdings eingeräumt werden, daß die wirklichen Vorteile der Einführung des KDV sich erst in vielen Jahren zeigen werden. Das System der privaten Fonds bereitet Kolumbien besser auf den demografischen Übergang vor und es zieht möglicherweise Wachstumseffekte nach sich.

Das Klassenziel hat die Reform aber verfehlt. Ein Alterssicherungssystem soll theoretisch ein soziales Element bilden. Dieses ist es in Kolumbien nach wie vor nicht. Der ärmste Teil der Bevölkerung wird weiterhin nicht erreicht. Hingegen wurde durch die partielle Umstellung auf ein KDV die Haushaltsbelastung des Staates noch weiter verstärkt. Obwohl noch unklar ist, wie der Staat das gestiegene Defizit finanzieren will, sind Steuererhöhungen oder Einschränkungen in der Ausgabenpolitik, die alle Teile der Bevölkerung treffen, wahrscheinlich. In diesem Sinne ist das Rentensystem Kolumbiens nicht sozial, sondern im Gegenteil regressiv.

Es ist sehr fraglich, ob die in der Weltbank-Studie geäußerte Erwartung, das KDV würde langfristig den Deckungsgrad erhöhen, für Ausgleich sorgen kann. Lothar Witte bescheinigte der Reform dann auch treffend: "Negativ ausgedrückt, bezieht ... [sie] die landesspezifischen Bedingungen nur ungenügend ein - positiv gewendet geht sie von einer Zukunftsvision aus".38

[Up] Anhang

[Up] I. Rentenhöhe in Prozent des individuellen Durchschnittseinkommen bei den AFPs

Vorherige Vollständige  Realzins 
Erwerbstätigkeit Beitragsjahre 4% 5% 6% 
30 Jahre 20  22 26 32 
35 Jahre 23 1/3  27 33 40 
40 Jahre 26 2/3  32 40 50 
45 Jahre 30 38 48 63 
Anmerkung: Während der Erwerbstätigkeit wurden nur 2/3 der vorgesehenen Beiträge geleistet. Die Wachstumsrate des realen Bruttolohns ist jährlich 1%, das Rentenzugangsalter 60 Jahre und die weitere Lebenserwartung 16 Jahre.

Quelle: E. Nieto: El debate sobre la seguridad social en Colombia, Medellín 1993, wie abgedruckt in Kleinjans, a.a.O., S. 21.

[Up] II. Institutionen im alten und neuen Rentensystem

[Up] III. Modellannahmen und Ergebnisse der Weltbank-Studie

Zur Schätzung der Defizite

Annahmen für alle Simulationen (nicht umfassend):

Wachstumsrate der Beschäftigung pro Jahr: 2%
Ansprüche aus Anerkennungstitel werden zu 4% verzinst
BIP Wachstum pro Jahr: 5%
Realzins: 5%
Realer Lohnzuwachs pro Jahr: 5%

Unterschiede zwischen den Simulationen:

1. Keine Reform
Deckungsgrad: 29,6%

2. Reform der Versicherungskonditionen, aber keine Einführung des KDV
Deckungsgrad steigt gleichmäßig von 29,6% (1994) auf 46,6% (2025)

3. Tatsächliche Reform
Deckungsgrad steigt gleichmäßig von 29,6% (1994) auf 46,6% (2025)
80% der Arbeitsmarktneulinge treten AFPs bei, 20% dem ISS.
Wechsel vom ISS zu AFP pro Jahr:
Bevölkerung unter 35/40: 20%
Bevölkerung über 35/40: 5%
Bevölkerung über 55/60: 0%

Ergebnisse der Simulationen:

Kumuliertes Defizit der öffentlichen

Hand aus der Altersfürsorge 

Simulation 
(in % des BIP) 
1994-2035 60,6% 12,4% 63,2% 

Quelle: Schmidt-Hebbel, a.a.O., S.53, S.55 und S.37f.

Zur Schätzung der Wachstumseffekte

Annahmen für alle Simulationen (nicht umfassend):

Wachstumsrate der Beschäftigung pro Jahr: 2%
Realer Lohnzuwachs pro Jahr: 3%
Rentenversicherungsunabhängige Staatsverschuldung/BIP: 15%
Steuern sind einkommensabhängig
Kapitalabnutzungsrate pro Jahr: 3,5%
Beitragszahlung: 40 Jahre; Rentenbezug: 15 Jahre

Unterschiede zwischen den Simulationen:

Simulation 
Zeitpräferenzraten 3% 3% und 10%* 3% und 10%* 
Deckungsgrad 36% 36% 100% 
* bezieht sich auf jeweils 50% der Bevölkerung

Ergebnisse der Simulationen:

Simulation 
Zusätzliches Wachstum durch Reform 2,4% 3,9% 14% 

Quelle: Schmidt-Hebbel, a.a.O., S.41 und S.66f.

[Up] IV. Literaturverzeichnis

Cardenas Rivera, M.: La reforma de la seguridad social colombiana: entre competencia y la solidaridad, in: Jaime Ensignia und Roland Diez (Hg.): La seguridad social en America Latina ¿reforma o liquidación?, Caracas 1997, S. 169-218.

Inter American Development Bank: Economic and Social Progress in Latin America, 1996 Report, Washington DC 1996.

Kleinjans, K.: La reforma del sistema de jubilaciones en Columbia, in: Desarollo y Cooperación, 1/1997, S. 17-21.

Memorando del Representantes Gubernamentales en la Commision Constitucional para la Reforma de la Seguridad Social, in: M. Cardenas Rivera: La Reforma del regimen pensional en Colombia, Bogotá 1992.

Mesa-Lago, C.: La reforma del regimen pensional en America Latina, Santiago de Chile 1994.

Mesa-Lago, C.: Social Welfare Reform in the Context of Political Liberalization, in: World Development 4/1997, S. 497-517.

Mesa-Lago, C.: Soziale Sicherheit und Rentenreform in Lateinamerika, in: Zeitschrift für ausländisches und internationales Arbeits- und Sozialrecht (ZIAS), Jg. 1993, S. 159-208.

Privatization in Latin America (Perspectives), in: International Labour Review, Vol. 133, 1/1994, S. 134-141.

Sachverständigenrat zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (SVR): Reformen voranbringen, Jahresgutachten 1996/97, Stuttgart 1996.

Schmidt-Hebbel, K.: The Colombian Pension Reform, Washington DC 1995.

Witte, L.: Lateinamerikanische Sozialversicherung zwischen Staat und Privatisierung: Vom chilenischen Rentenmodell zur kolumbianischen Reform des Modells, in: D. Dormoser (Hg.): Jenseits des Staates?, Bad Honnef 1994, S. 65-105.

World Bank: Country Study - Poverty in Columbia, Washington DC 1994.



1 Reformen wurden bereits durchgeführt in Peru (1993), Argentinien (1994), Uruguay (1996) und Mexiko (1997). Als Vorbild gilt allgemein die Reform in Chile (1981). Weitere Staaten, in denen eine Reform diskutiert wird, sind Bolivien, Brasilien, Ecuador, El Salvador, Guatemala, Nicaragua, Panama, Paraguay und Venezuela. Siehe Inter-American Development Bank: Economic and Social Progress in Latin America 1996 Report, Washington DC 1996, S. 209.
2 Siehe z.B. C. Mesa-Lago: Social Welfare Reform in the Context of Political Liberalization, in: World Development 4/1997; L. Witte: Lateinamerikanische Sozialversicherung zwischen Staat und Privatisierung: Vom chilenischen Rentenmodell zur kolumbianischen Reform des Modells, in: D. Dormoser (Hg.): Jenseits des Staates?, Bad Honnef 1994; oder C. Mesa-Lago: La reforma del regimen pensional en America Latina, Santiago de Chile 1994.
3 Schmidt-Hebbel, K.: The Colombian Pension Reform, Washington DC 1995, S. 42. Siehe auch Übersicht im Anhang II.
4 Schmidt-Hebbel, a.a.O., S. 47.
5 Schmidt-Hebbel, a.a.O., S. 3.
6 Schmidt-Hebbel, a.a.O., S. 3.
7 Siehe Inter-American Development Bank, a.a.O., S.210.
8 Vgl. World Bank: Country Study - Poverty in Columbia, Washington DC 1994, S. 172.
9 Vgl. Mesa-Lago: Social Welfare Reform in the Context of Political Liberalization, a.a.O., S. 514
10 Siehe Witte, a.a.O., S. 92.
11 1988 wurde darüber hinaus beschlossen, die Renten an die Inflationsrate anzugleichen.
12 Inter-American Development Bank, a.a.O., S.213.
13 Vgl. C. Mesa-Lago: Soziale Sicherheit und Rentenreform in Lateinamerika, in: ZIAS, Jg. 1993, S.186.
14 Siehe Privatization in Latin America (Perspectives), in: International Labour Review, Vol. 133, 1/1994, S. 137. Diese Zielsetzung findet sich auch wieder im Reformentwurf der Regierung. Siehe: Memorando del Representantes Gubernamentales en la Commisión Constitucional para la Reforma de la Seguridad Social, wiedergegeben in: M. Cardenas Rivera: La Reforma del regimen pensional en Colombia, Bogotá 1992.
15 Cardenas Rivera, M.: La reforma de la seguridad social colombiana: entre competencia y la solidaridad, in: Jaime Ensignia und Roland Diez (Hg.): La seguridad social en America Latina ¿reforma o liquidación?, Caracas 1997, S. 177.
16 Kleinjans, K.: La reforma del sistema de jubilaciones en Columbia, in: Desarollo y Cooperación, 1/1997, S. 19.
17 Kleinjans, a.a.O., S.20.
18 Das ISS lohnt sich eher für Versicherte mit geringem Einkommen, weil hier ein Anspruch auf Mindestrente schon nach 1000 Wochen anstatt von 1150 Wochen besteht. Die AFPs sind insbesondere für Versicherte interessant, die für kurze Zeit viel verdienen, weil in den AFPs ohne Rücksicht auf Mindestbeitragszeiten die Rente schon beansprucht werden kann, sobald die Annuitäten des eingezahlten und verzinsten Kapitals für die voraussichtliche Rest-Lebenserwartung 110% der Mindestrente garantieren.
19 Mesa-Lago: Social Welfare Reform in the Context of Political Liberalization, a.a.O., S. 514.
20 Kleinjans, a.a.O., S.20. Das ISS ist deshalb vorteilhafter, weil schon nach 1000 Wochen anstatt 1150 Wochen ein Anspruch auf Mindestrente besteht.
21 Witte, a.a.O., S. 101 und Inter-American Development Bank, a.a.O., S. 218.
22 Dies ergibt sich aus in Kürze veröffentlichten Zahlen von C. Mesa-Lago und K. Kleinjans.
23 Cardenas Rivera, a.a.O., S. 181.
24 Vgl.: Witte, a.a.O., S. 96.
25 Der tatsächlich abgeführte Beitrag beträgt 13,5%, wovon aber 3,5 Prozentpunkte zur Finanzierung von Invaliden- und Hinterbliebenenrenten erhoben werden.
26 Dies bezieht sich auf den öffentlichen Sektor, im ISS wurde der Sockelbetrag zwar von 45% auf 65% erhöht, bei gleichzeitiger Erhöhung der Mindestbeitragszeit, ergibt sich aber dennoch durchschnittlich eine niedrigeres Rentenniveau.
27 Allerdings stellt für viele Versicherte, die im Zuge der Reform von geschlossenen Rentenkassen zum ISS wechseln müssen, bereits das zur Zeit geltende Renteneintrittsalter von 55/60 eine Erhöhung dar.
28 Siehe Schmidt-Hebbel, S. 53.
29 Die Relation zwischen Beitragszahlern und Rentnern hat im KDV keine Relevanz, da jeder von seinen zuvor selbst eingezahlten Beiträgen Rente bezieht. Lediglich ein aufgrund von Bevölkerungsrückgang gesunkener Bedarf nach Kapital kann zu einer Beeinträchtigung der Verzinsung führen. Der Effekt ist aber insgesamt als undramatisch einzuschätzen. Siehe dazu SVR: Reformen voranbringen, Jahresgutachten 1996/97, Stuttgart 1996, S. 240.
30 Im langjährigen Durchschnitt lagen die Realzinsen in Kolumbien in der Vergangenheit bei 4%. Diese Höhe ist nach Schätzungen der Weltbank auch in Zukunft realistisch.
31 Vgl. Kleinjans, a.a.O., S.21 sowie Mesa-Lago: Soziale Sicherheit und Rentenreform in Lateinamerika, a.a.O., S. 190.
32 Vgl. Kleinjans, a.a.O., S 19.
33 FNPP steht für den Fondo Nacional de Pensiones Públicas, der Schulden der nationalen Kassen auffängt, FTPP ist die Abkürzung für die Fondos Territoriales de Pensiones Públicas der Regionalregierungen, die für die Schulden der regionalen Rentenkassen aufkommen müssen.
34 Siehe Schmidt-Hebbel, a.a.O., S 56. Die tatsächliche Schuldenlast ist darüber hinaus abhängig vom Umfang und Geschwindigkeit des Wechsel der Versicherten vom ISS zu den AFPs, Zunahme des Deckungsgrades, sowie BIP-Wachstum und Niveau der Kapitalmarktzinsen. Das von der Weltbank angenommene Szenario wird im Anhang III näher beschrieben.
35 Siehe dazu Abschnitt 3.5.
36 Siehe Abschnitt 3.4.
37 Dieser Wert basiert auf einem Deckungsgrad von 36% und einer Zeitpräferenzrate von 3% für eine Hälfte der Bevölkerung und 10% für die andere Hälfte. Andere Simulationen der gleichen Studie zeigen, daß bei steigender Zeitpräferenzrate und steigendem Deckungsgrad die Wachstumseffekte höher ausfallen und umgekehrt. Siehe Tabellen im Anhang III sowie Schmidt-Hebbel, a.a.O., S. 23f und S. 66f.
38 Witte, a.a.O., S. 100. I I