1995 rief das Bundesministerium für Bildung,
Wissenschaft, Forschung und Technologie (BMBF) zur Förderung der Biotechnologie-Industrie
in Deutschland den BioRegio-Wettbewerb (BRW) ins Leben. In vielerlei Hinsicht
stellte dieser ein Novum in der Technologiepolitik des BMBF dar. Die Kernelemente
dieses Förderprogrammes waren:
- Förderung von Regionen statt Einzelprojekten;
- Wettbewerb der Regionen um die Fördermittel der Bundes;
- Auswahl von wenigen Gewinnern durch den Bund, aufgrund von Kriterien,
die die vorhanden Forschungspotentiale und Netzwerkstrukturen belohnen;
- Gewinnerregionen haben weitreichendes Vorschlagsrecht über die
Verwendung der aufgrund des Wettbewerbsgewinns fließenden Gelder.
Dieses Konzept steht im Kontrast zu vorherigen, die den Schwerpunkt auf projektgebundene
Förderung legten. In der Folge wurden mit den Wettbewerben „Exist“,
„Kompetenzzentren für Medizintechnik“ und „BioProfile“ vergleichbare
Programme zur Förderung von Unternehmensgründungen und Hochtechnologie-Industrien
aufgelegt, so dass von einer neuen Förderinstrument-Gattung „Regio-Wettbewerbe“
gesprochen werden kann.
Dieses Förderinstrument beinhaltet auch eine spezifische Aufgabenteilung
zwischen Individuen (bzw. einzelnen Organisationen wie Unternehmen), regionalen
Zusammenschlüssen zwischen diesen und/oder der Regionalregierung und
der Bundesregierung, dem folgende Thesen zugrunde zu liegen scheinen:
Es bedarf als Komplement zu privaten Bemühungen einer staatlichen Förderung
von Hochtechnologie-Industrien. Sonst ließe sich keinerlei staatliches
Engagement begründen.
Der Erfolg von Hochtechnologie-Industrien hängt zu einem wichtigen
Teil von einer regionalen Kollektivanstrengung ab. So lässt sich die
Förderung von Regionen statt Projekten begründen.
Die regionalen Akteure sollten für die detaillierte Ausgestaltung von
Förderprogrammen zuständig sein. Dies zeigt sich zu einem in der
Einforderung eines regionalen Konzepts bei Bewerbung und zum anderen darin,
dass den Gewinnerregionen weitgehend die Auswahl der zu fördernden Projekte
überlassen wird.
Der Bund ist hingegen als Schiedsrichter im regionalen Wettbewerb sowie
als Teilfinanzierer regionaler Innovationsstrukturen notwendig. In seiner
Schiedsrichterfunktion kürt er Sieger und belohnt diese durch Zuschüsse
zu ihren eigenen Bemühungen.
In diesem Aufsatz wird untersucht, ob diese Art der Kompetenzverteilung
als ökonomisch sinnvoll anzusehen ist. Dazu wird zunächst in Abschnitt
2 zu begründen sein, warum das Zusammenspiel regionaler Akteure für
Hochtechnologie-Industrien produktivitätssteigernd wirkt. Als theoretischer
Bezugpunkt dienen hier die Ansätze der Marshallschen Industriedistrikte
und des innovativen Millieus.
In Abschnitt 3 wird dann der Frage nachgegangen, wer die Kompetenz für
die Schaffung etwaiger regionaler Synergien haben soll. Dabei kann das Individuum
bzw. im vorliegenden Fall häufig auch das einzelne Unternehmen als
unterste föderale Ebene aufgefasst werden. Die nächsten hier betrachteten
Ebenen bilden dann regionale Zusammenschlüsse, die sich in der Praxis
meist an politischen Grenzen orientieren, bis hin zum Bund. Dem Subsidiaritätskriterium
folgend muss dann geprüft, ob zwischen den jeweiligen Akteuren aufgrund
mangelnder Internalisierung verschiedener externer Effekte Koordinationsversagen
vorliegt, dass zu einer suboptimalen Verwirklichung von Synergien führt,
und somit eine Verschiebung der Kompetenz auf die nächst höhere
Ebene angezeigt ist. Die möglichen Ursachen eines Koordinationsversagens
bei der Verteilung der Unternehmen auf die Regionen einerseits und innerhalb
einer Region bei der Schaffung günstiger Rahmenbedingungen für
Hochtechnologie-Unternehmen andererseits werden dabei anhand eines Modells
von Arthur (1990) veranschaulicht.
In Abschnitt 4 werden dann die theoretischen Argumente hinsichtlich ihrer
praktischen Relevanz gewürdigt. Dazu werden empirische Studien präsentiert,
um abschließend erörtern zu können, inwieweit Regio-Wettbewerbe
eine geeignete föderative Aufgabenverteilung beinhalten.